In den Jahren nach der obligatorischen Schule waren Musik und Bandprojekte ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Im April 1988 schlossen sich meine Freunde Thömi, Tinu und ich für ein Bandprojekt namens Epromix zusammen. Das Besondere an dieser Band war, dass wir aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel unsere drei Amiga 500 für den Sound benutzten und diese zusammen mit einem Mikrophon an ein Mischpult schlossen. Die grösste Herausforderung war hierbei, die Wiedergabe von den Amigas mittels Mausklick synchron zu starten. Später, als wir die Band in New Art Of Modulation umbenannt hatten, kam das erste MIDI-Equipment in Form eines Yamaha DX-100 und eines Kawai K1 zum Einsatz. Somit konnte man auf zwei Amigas verzichten und der Amiga lieferte nebst den MIDI-Daten nur noch einige Samples oder die Drum-Spur über den Audio-Ausgang. In unserem jugendlichen Leichtsinn machten wir uns damals keine Gedanken über Backups, geschweige denn über digitale Demenz. Die Tracks wurden auf billigen No-Name-Disketten gespeichert und die gecrackte Kopie von Sonix wurde nie auf eine Backup-Diskette überspielt. Es grenzt an ein Wunder, dass ich diese Kopie von Sonix schlussendlich bis ins Jahr 1994 auf ein und derselben Diskette benutzen konnte. Im Jahr 2015 kamen mir beim Aufräumen des Kellers zu meiner Überraschung die alten Disketten aus den Amiga-Tagen wieder in die Hände. Ich war sehr glücklich darüber, da ich mir kurz zuvor einen ARMIGA angeschafft hatte, der über ein Diskettenlaufwerk verfügte und von den Disketten automatisch ein Image erstellen konnte. Meine Begeisterung wurde aber jäh gebremst, da von den Datenträgern nur noch die wenigsten gelesen werden konnten. Bei den alten No-Name-Disketten löste sich sogar die magnetische Schicht vom Träger ab und schrottete das Laufwerk des ARMIGA. Am Schluss blieben fünf Images aus den Bandtagen der Jahre 1988 bis 1994, die mittels Amiga-Emulator gelesen werden konnten. Ich musste aber feststellen, dass dies nicht viel nützte. Die handvoll Tracks aus den Epromix-Tagen benötigten drei Amigas, um korrekt mit allen Spuren abgespielt werden zu können. Zudem fehlten immer wieder Samples auf den Disketten, bei denen ich mir nicht erklären konnte, wo diese abgeblieben waren. Bei den Tracks aus den Midi-Zeiten war das Problem, dass die Midi-Daten des seriellen Ports nicht an eine andere Applikation weitergeleitet werden konnte. Es blieb als nichts anderes, als einen Amiga und ein Midi-Interface zu organisieren. Ich investierte etwas Geld in einen gebrauchten Amiga 1200 und das Midi-Interface bastelte ich mir nach Plänen aus dem Netz selber zusammen. Womit ich aber nicht gerechnet hatte, war der Umstand, das mein altes Midi-Equipment aus den Nullerjahren inzwischen den Geist aufgegeben hatte. Der Akai VX90 war schon länger in einem kritischen Zustand. Aber das der EMU Proteus 2000 nicht mehr funktionierte, mit dem hatte ich nicht gerechnet. Somit musste ich nach einer neuen Lösung suchen, um die alten Tracks wieder zum Klingen zu bringen. Ein erster Versuch war der Titel "No Grace" aus den Epromix-Tagen. Ich überspielte die Melodien mitsamt den Original-Samples in Logic und erstellte eine neue Drumspur mit dem integrierten Drumcomputer. Das Resultat war gar nicht mal so schlecht und motivierte mich, dasselbe mit den Midi-Tracks zu versuchen. Ich hatte noch ein altes Midi-Interface mit USB-Anschluss, das ich mit einem Kabel direkt mit dem selbst gebauten Interface am Amiga verband. Und siehe da: Nach einigen Versuchen schaffte ich es, die acht Spuren von Sonix via Midi auf acht Spuren in Logic zu überspielen. Es war ein unglaubliches Gefühl, die Melodien nach über 25 Jahren zum ersten Mal wieder zu hören. Der erste Titel, den ich so überspielte, war "Destiny Or Chance". Dieser entstand im Mai 1988 und wurde damals mehrmals mit Gesang auf Audio-Kassette gebannt. Doch der originale Datenträger war eine der No-Name-Disketten, die nicht mehr zu lesen waren. Die Midi-Version entstand später im Frühjahr 1989, als wir die alten Titel auf das neue Equipment anpassten und glücklicherweise auf eine Diskette speicherten, die 2015 noch zu lesen war.
Nebst "Destiny Or Chance" konnte ich mit "Soft", "A Fool For Love" und "Friday Night" noch weitere Titel aus dem Jahr 1989 vor der Vergessenheit retten und mittels Original-Hardware und Logic wieder zum Klingen bringen. Diese Titel wurden damals nie auf eine Audio-Kassette überspielt und wären heute im Daten-Nirvana verlorern gewesen.
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Der Commodore 64 erlebt 38 Jahre nach seinem Erscheinen wahrlich ein Revival. Unzählige Neuveröffentlichungen sorgen für Nachschub für die treuen Brotkasten-User. Nicht zuletzt durch den THEC64 von Retro Games Ltd. hat sich der Kreis der begeisterten Retro-Gamer stark erweitert. Zu meiner Freude gibt es auch einige Projekte aus der Schweiz. Für Furore sorgte in den letzten Wochen der Entwickler Giants Software aus Schlieren, der den vermeintlichen April-Scherz einer C64-Version des erfolgreichen Landwirtschafts-Simulators wahr werden liess. Wer die Collector's Edition für den PC kauft, die am 20. November erscheinen wird, findet auch eine Version des Farming Simulator für den C64. Dieser wurde von der ungarischen Demogruppe Singular Crew im Auftrag von Giants Software entwickelt. Aufgrund der Hardware-Limitationen präsentiert sich die Brotkasten-Version eher als Mini-Spiel und beschränkt sich auf Säen, Ernten und Treibstoff beschaffen. Sollte der Treibstoff oder das Saatgut ausgehen, folgt umgehend das Game Over. Ein neues Spiel aus der Schweiz ist das Shoot'em-Up Mono, das von Raphael Graf (Code) und Clay Spörri (Music) entwickelt wurde. Das Spiel ist interessanterweise nur als Modul erhältlich und wird in einer Kunststoffbox inklusive Zubehör geliefert. Clay Spörri amtet als Präsident der Swiss Shmup Assoziation und war bereits für den Soundtrack des iOS-Spiels Polygun verantwortlich, das ebenfalls von Raphael Graf programmiert wurde.
Ich war schon ein bisschen überrascht, als Koen De Brabander nach Abschluss seines erfolgreichen Kickstarter-Projekts "8-Bit-Kids" verkündete, er wolle mit Beteiligung des Commodore 64 ein komplettes Album auf Vinyl produzieren. Doch wenn man es sich recht überlegte, war dieser Schritt eine logische Konsequenz. Man muss ja bedenken, dass viele Leute, die in den 80er-Jahren aufgewachsen sind, dank des C64 und seines SID-Chips ihre ersten Versuche mit der Programmierung von elektronischer Musik gemacht hatten. Bei mir war es ja nicht anders. Jetzt, ein Jahr später, halte ich die 180 Gramm schwere blaue Vinyl mit der hervorragenden Cover-Illustration von Trevor Storey in den Händen. Ein fantastisches Werk, qualitativ einwandfrei! Auf die Musik will ich gar nicht gross eingehen, das ist immer ein Frage des persönlichen Geschmacks. Doch die Produktion von Koen, Philippe und Chesko ist hervorragend. Man kann sich nur wünschen, dass "Sid Waves" nicht die letzte Veröffentlichung von Chaos Generator bleiben wird. Das Buch "8-Bit Kids" von Koen De Brabander kann übrigens nach wie vor bei Fusion Retro Books bestellt werden.
Es ist inzwischen 25 Jahre her, als Commodore den letzten C64 produzierte und ein Jahr später Konkurs anmelden musste. Um so mehr erstaunt es, dass noch heute kommerzielle Spiele für den erfolgreichen 8-Bitter programmiert und verkauft werden. Es fehlt mir leider an der Zeit, um auf alle Veröffentlichungen einzugehen. Aus diesem Grund beschränke ich mich hier auf zwei Spiele, die Ende 2017 bei Protovision erschienen sind: Galencia und Sam's Journey. Was an beiden Spielen auffällt, ist die Tatsache, dass diese mit einer unglaublich hohen technischen und spielerischen Güte aufwarten können. Ich wage sogar zu behaupten, dass man eine derart hohe Qualität in den 80er selten zu Gesicht bekam. Galencia präsentiert sich hierbei als Shooter im Stil von Galaga, das mit einer hohen Geschwindigkeit und unzähligen Sprites aufwarten kann. Man hat beim Spielen eher das Gefühl, vor einer Arcade-Maschine zu sitzen, als vor dem heimischen Brotkasten. Sam's Journey wiederum ist ein klassisches Jump 'n' Run, das mit einer riesigen Spielwelt und unzähligen, witzigen Features aufwarten kann. Beide Spiele beinhalten einige fantastische Chip-Tunes und die Ausstattung der beiden Boxed-Versionen ist beispielhaft.
Ich hätte kaum gedacht, dass es mich im Zeitalter der hochglanzpolierten Playstation- und XBOX-Spiele regelmässig vor den C64 treibt, um eine Runde Galencia zu spielen oder eine neue Welt in Sam's Journey zu entdecken. Aber es macht unglaublich viel Spass und ein wunderbares Gefühl der Nostalgie schwingt stetig mit. Emulatoren von 8- und 16-Bit-Systemen sind für Smartphones und Tablets in diversen Varianten erhältlich. Was mich aber bislang immer gestört hatte, war die virtuelle Steuerung über den Touchscreen. Grund genug, den Android- Handheld GPD XD im Einsatz als Amiga-Konsole einer Prüfung zu unterziehen. Der GPD wird von Shenzen GPD Technology in verschiedenen Varianten produziert und mit einem umfangreichen Softwarepaket verkauft, dass bereits diverse Emulatoren von bekannten Spieleplattformen enthält. In Europa ist das aus rechtlichen Gründen kritisch, da das ROM oder BIOS eines Systems rechtlich geschützt ist. Ich habe meinen GPD XD bei DragonBox bezogen. Der GPD wird mit Android 4.4.4 ausgeliefert und muss selbst mit entsprechender Software ausgestattet werden. Dank des vorinstallierten Google Playstore stellt dies kein Problem dar. Inzwischen kann bereits der neue GPD XD Plus mit Android 7 vorbestellt werden. Für die Emulation des Amiga installiere ich UAE4ARM, der auch in Amibian zum Einsatz kommt und von der Bedienung her vertraut ist. Die benötigten ROM-Files können mittels Amiga Forever Essentials direkt von Cloanto im Playstore bezogen werden. Da ich die ROM-Files bereits für andere Projekte gekauft hatte, kopiere ich sie von der externen SD-Karte in das vorgesehene Verzeichnis von UAE4ARM. Leider lässt sich der Verzeichnispfad für die ROM- und Konfigurationsfiles in UAE4ARM nicht dauerhaft ändern. In der momentan aktuellen Version werden die Pfade bei jedem Neustart auf die Default-Verzeichnisse zurückgesetzt. Zudem zeigt die virtuelle Tastatur beim Umbenennen der Konfigurationen ein fehlerhaftes Verhalten. Ich hoffe, dass kommende Updates von UAE4ARM diese Probleme auf dem GPD beseitigen werden. Glücklicherweise lassen sich die Verzeichnispfade zu den Disk-Images auf der externen SD-Karte ohne Probleme speichern. Ich teste die Emulation mit einer klassischen Konfiguration eines Amiga 500 mit Kickstart 1.2 und einem Image der Workbench 1.2. Alles funktioniert einwandfrei und der Mauszeiger lässt sich mit dem rechten Analogstick des GPD bewegen. Einzig die beiden Maustasten müssen noch manuell konfiguriert werden. Ich teste die Konfiguration mit einem Image von Marble Madness und bin positiv überrascht: Mit dem Joystick auf dem linken Steuerkreuz und der Maus auf dem rechten Analogstick lässt sich der virtuelle Amiga nahezu perfekt steuern. Der Feuerknopf liegt Playstation-like auf dem X-Button und die beiden Maustasten auf dem Kreis- und Quadrat-Button. Der erste Test ist sehr vielversprechend und ich bin gespannt, wie sich der GPD im zukünftigen Einsatz bewährt. Es versteht sich von selbst, dass nebst dem Amiga auch der C64 und in Zukunft sogar die Playstation auf dem Allround-Handheld emuliert werden soll.
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AutorTinu Lehme Archiv
Juni 2021
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